24. August 2024, Tag 31
Anjas frischgrüne Sommertour
Nach dem Frühstück halten wir noch kurz die Fußerl in die Raab, bevor wir mit dem Tagesprogramm starten. Ich liebe Flüsse und Bäche und den feinen Sand zwischen den Zehen, ein kleines Stück Meer direkt vor der Haustür. Und so falsch ist der Vergleich gar nicht, münden doch fast alle Flüsse in die Meere.
Station 1: Filmscreening „Besuch im Bubenland“ (Künstlerdorf Neumarkt an der Raab)
Das Künstlerdorf Neumarkt an der Raab ist ein idyllischer Ort, der seit 60 Jahren dank der Initiative einiger Kunst- und Kulturschaffenden besteht. Petra Werkovits führt uns durch die einzelnen Häuser. Es gibt hier großartige alte Bauten, mit alten Druckmaschinen, die in Kunstkursen heute noch Verwendung finden. Eine einzigartige Mischung, Zimmer, in denen man auch übernachten kann, und sobald man aus dem Zimmer tritt, steht man mitten in der Werkstatt oder einer kleinen Küche. Alles hier strahlt große Ruhe aus. Auch ein paar Stundenten sind noch anwesend, auf Bänken warten sie auf die Heimreise und schauen dabei zu, wie langsam die ersten Gäste eintrudeln.
Der Film selbst ist sehr rührend und bestens besucht. An die 50 Leute finden sich im 300 Jahre alten Kreuzstadl ein. Katrin Schlösser möchte in ihrem Dokumentarfilm „Besuch im Bubenland“ herausfinden, wie Männer, speziell im Südburgenland, ticken. Mit Handykamera begleitet sie ein halbes Dutzend Südburgenländer, die über ihr Leben und ihre Gefühle sprechen. Der Film ist überaus berührend. Manche Szenen sind lustig und man muss lachen, gleichzeitig sind sie aber auch tieftraurig. Kein Wunder, dass auch Tränen fließen. Einige der Anwesenden kennen die Protagonisten persönlich und erzählen die Geschichten aus dem Film weiter, wie es den Männern bisher ergangen ist. Ein besonderes Erlebnis, den Film dort zu sehen, wo er gedreht wurde. Danach herrscht eine angenehme Stimmung auf der Veranda und bei Kaffee, Brötchen und Kuchen wird eifrig weitergeplaudert. Eine echte Oase, das Künstlerdorf!
Station 2: Straußenfarm Donner (Neuhaus am Klausenbach)
Unweit der steirischen Grenze befindet sich die inzwischen aufgelassene Straußenfarm von Monika und Alfred Donner. Die beiden Grazer haben vor über zwanzig Jahren, als sie das Haus übernommen haben, überlegt, wie sie im Südburgenland beruflich Fuß fassen könnten. Der Bautechniker und die Kindergärtnerin haben zwar keine Ahnung von Viehwirtschaft gehabt, dafür aber einen „großen Vogel“ und haben sich deshalb für eine Straußenfarm entschieden, die sehr gut gelaufen ist. Mittlerweile sind sie pensioniert und haben noch 3 Hennen übrig. Der letzte Hahn ist erst letztes Jahr gestorben, was aber den Hennen nicht sonderlich geschadet hat, zumal der Hahn doch recht aggressiv war.
Alfred kann auch noch in der Pension aus dem Stegreif eine Führung halten. Beide haben großen Respekt vor den Vögeln. Wir füttern die Strauße mit Kukurruz, der wie Zuckerl ist für die Vögel, wie uns Monika erklärt. Beim Herauspicken der Körner aus unseren Handflächen spüren wir die Kraft der Tiere. Zum Glück ist auf der Farm der Donners aber nie etwas passiert. Leon und ich sind jedenfalls ganz verliebt in die großen, freundlichen Augen der Tiere, mit den langen Wimpern. Und diese Beine erst! Da merkt man noch richtig die Verwandtschaft zu den Sauriern …
Aus den Eierschalen der Tiere werden Kunstgegenstände angefertigt, eine tolle Idee, wie ich finde, weshalb ich mir auch gleich einen Ring kaufe. Wenn die Strauße schlüpfen, aus dieser dicken, keramikhäferl-ähnlichen Schale, dann pecken sie sich nicht durch die Schale wie Hühner, sondern drücken sich Kraft ihrer Beine durch.
Nach der Straußenfarm in Neuhaus machen wir einen kurzen Abstecher zum Badesee in Königsdorf, wo ich zuletzt meinen Badeanzug und mein Badetuch vergessen habe, und nutzen auch gleich die Gelegenheit für eine kleine Mahlzeit.
Station 3: Ubuntu-Festival (Rudersdorf)
Wir beschließen den heutigen Tag in chilliger Atmosphäre beim Ubuntu-Festival in Rudersdorf. Auch hier treffe ich wieder einige Bekannte. Michel Heftrich, Upcycling-Experte und Besitzer der Fritzmühle, führt uns durch das Festival-Gelände. Es gibt Kunsthandwerk, Henna-Tattoos, Upcycling-Gegenstände für den Garten und gute Live-Musik von einer ehemaligen Kollegin von mir.
Anschließend führt uns Michel mit seiner e-Rikscha durch Rudersdorf zu zwei Künsterlinnen – Linda von Alten und Waltraud Slatar. Linda von Altens Urgroßvater war Baumeister und am Ringstraßenbau beteiligt, weshalb der wunderschöne Arkadenhof auch mit hohen Räumen und Bogenfenstern ausgestattet ist. Vieles an Ursprünglichem ist darin erhalten geblieben und verströmt großartige Atmosphäre.
Der vorletzte Tag meiner Sommertour neigt sich dem Ende zu und ich werde fast ein bisschen sentimental. So viel Schönes durfte ich über die letzten Wochen erleben, soviele wunderbare Menschen kennenlernen. Für die Plaudertasche ist es jedenfalls höchste Zeit – prallvoll mit Notizen, Produkten und Infomaterial hat sie mittlerweile ein beträchtliches Gewicht erreicht. Ich freu mich drauf, beim Entleeren noch mal alles in Ruhe Revue passieren zu lassen!