Tag 25: Das große Fressen

09. August 2024, Tag 25

Anjas frischgrüne Sommertour

 

Wir haben einen besonders dichten Tag vor uns, da braucht es eine gute Unterlage. Nach einer spontanen Übernachtung im leerstehenden Haus von Samaras Opa starten wir mit einem üppigen Frühstück in den Tag. Es gibt Tage auf der Sommertour, da kommt die Verpflegung oft zu kurz, weil entweder der Zeitplan zu straff ist oder gerade einfach nichts offen hat. Soviel sei jetzt schon verraten: Heute ist nicht so ein Tag.

 

Station 1: Joya (Oberwart)

Bei Joya werden wir von Logistik-Direktor Ronald Gansfuss begrüßt und erneut mit einem Frühstück empfangen. Eigentlich bin ich satt, esse aber dennoch ein halbes Nutella-Croissant. Die Geschichte von Joya in Oberwart ist interessant: ein lokales Unternehmen in Oberwart, das früher mal eine genossenschaftliche Molkerei war und jetzt zu einem internationalen Konzern gehört, sich aber trotzdem einen starken Bezug zu Oberwart bewahrt hat. Die mitarbeitenden Führungskräfte sind international tätig, d. h. es werden super Arbeitsplätze in Oberwart geschaffen. Bei Joya wird regional produziert, hauptsächlich mit Soyabohnen aus Österreich. Ein großer Teil der Produktion bleibt in der Umgebung – 39% in Österreich, 22% in Ungarn.  

Wir bekommen eine Führung durch die Produktionsanlage und lernen die strengen Sicherheitsauflagen kennen. Ich bin überrascht, wie klein die Maschinen sind, die so große Mengen produzieren. Was an den sehr guten logistischen Abläufen liegt, denen man anmerkt, dass sich hier wirklich wer was überlegt hat.

 

Station 2: Pannonische Tafel Oberwart

Auch bei der Pannonischen Tafel wartet wieder Essen auf uns. Von Andrea Semper, die Standortleiterin in Oberwart ist, haben wir schon vor ein paar Tagen in Bernstein gehört, wo sie den Meichenitschs das „Natur im Garten“-Gütesiegel für ihren Schüttkasten überreicht hat. Andrea führt die Pannonische Tafel mit großem Herzblut, man merkt ihr die Begeisterung für ihre Arbeit an. Die Pannonische Tafel versteht sich als Wohnzimmer. Als konsumfreie Zone hat sie große Bedeutung für Menschen, die finanziell mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Es ist ein wertvoller Begegnungsraum, wo sich z. B. Pensionist*innen treffen können, weil sie in anderso ihre Hunde nicht mitnehmen können, wo Menschen mit Migrationshintergrund einen Ort finden, wo sie wertgeschätzt werden und ihnen geholfen wird, neue Chancen für sich zu entdecken. Man merkt, was den Gästen dieses Lokal bedeutet, die oftmals sogar beim Abwaschen mithelfen.

Andrea hilft gerne, wo immer sie kann. Vor wenigen Tagen hat sie einen Mietvertrag auf der Straße gefunden, den jemand verloren hat. Sie hat ihn mitgenommen ins Lokal, um ihn später auf die Gemeinde zu tragen, damit er dem/der Besitzer*in wieder übergeben werden kann. Zufällig wirft eine Freundin von Andrea, die Juristin ist, einen Blick auf diesen Vertrag und bemerkt, dass die Vergebührung viel zu hoch ausfällt und nicht mehr legal ist, dass hier eindeutig ein neuer Mieter übervorteilt werden soll. Und schon war Andrea mit Hilfe zur Stelle.

Eine Besonderheit: An der Pannonischen Tafel wird nur vegan gegessen, und zwar Gerichte, die aus geretteten Lebensmitteln zubereitet werden. Wir haben zwar – aus nochvollziehbaren Gründen – keinen großen Hunger, essen aber trotzdem eine Kleinigkeit mit.

 

Station 3: Kaffee-Konditorei Gumhalter (Oberwart)

Weiter geht’s in die Kaffee-Konditorei Gumhalter „auf an Kaffee und a Eis“. Wir haben immer noch keinen Hunger, bestellen uns aber ein Eis. Was ist nur los mit uns?! Die Portionen sind riesig. Je weiter wir in den Süden kommen, desto größer werden die Portionen. Besonders freut mich, dass so viele Menschen kommen und sich interessante „Connections“, wie man so schön sagt, ergeben. Die Gespräche drehen sich um Wohnungsbau, Integration und die Integrationspolitik von uns GRÜNEN. Die Portionen sind wirklich groß. Alle, die sich eine Eispalatschinke bestellen, scheitern kläglich daran.

 

Station 4: SOS-Kinderdorf Pinkafeld

In Pinkafeld werden wir mit Kaffee und Plunder von Standortleiter Marek Zeliska herzlich empfangen. Auch hier kann ich nicht nein sagen und verspeise ein halbes Pistazien-Croissant. Bei der Vorstellung, heute noch weitere Süßigkeiten zu essen, wird mir mulmig. Doch bei so netten Gesten kann ich einfach nicht nein sagen.

Das Areal des Kinderdorfs könnte ohne weiteres eine Urlaubsanlage sein, so schön ist es hier. Es ist ein friedlicher Ort. Mit der pädagogischen Leitung unterhalten wir uns über die Bedeutung des ersten Tages. Wenn Kinder neu ankommen, wird versucht, den Tag so schön wie möglich zu gestalten. Meistens stattet man der Schafweide einen Besuch ab, weil die Tiere den Kindern ein gutes Gefühl vermitteln. Auch Katzen gibt es hier einige. Was ich auch toll finde: Es gibt keine zentrale Küche und keinen zentralen Speisesaal. Die Häuser werden selbstständig geführt. Es gibt auch keine zentrale Reinigung, weil es für die Kinder besonders wichtig ist, Normalität zu erfahren. Sie sollen lernen, dass das Essen nicht von allein in den Kühlschrank kommt und man dafür einkaufen gehen muss. Dass man kochen, putzen, Wäsche waschen und bügeln muss. Möglichst überall sollen die Kinder einbezogen werden.

Hin und wieder wohnen auch Mütter mit ihren Kindern im SOS-Kinderdorf. Es gibt auch einen gemischten Kindergarten. Gemischt bedeutet, dass es ein privater Kindergarten ist, der von der Gemeinde mitfinanziert wird. Die Kinderdorf-Kinder und die Kinder aus der Gemeinde gehen hier gemeinsam in den Kindergarten.

Kurz herrscht große Aufregung. Leiter Marek wird von einem Kind gerufen: „Marek, Marek, ein Schaf ist abgepascht!“ An solchen Kleinigkeiten merkt man, dass es hier eine gute Vertrauensbasis gibt und die Kinder sich auch wirklich verantwortlich fühlen für die Gegebenheiten vor Ort.

 

Station 5: Mostschank Luif (Pinkafeld)

Im Mostheurigen von Carina Laschober-Luif, einer Landtagskollegin, lassen wir einen langen und erfüllten Tag würdig ausklingen. Es ist gerammelt voll, kein Wunder, es ist ja auch wirklich ein schönes Platzerl. Ein Ehepaar setzt sich zu uns, Nachbarn vom Kinderdorf. Sie bestätigen unseren Eindruck, dass es wirklich gut geführt wird. Auch das Kinderdorf-Fest wird löblich erwähnt. Heuer hätten sie keine Zeit gehabt, aber sonst würden sie dort sehr gern hingehen.

 

Heute sind wir Zeuge geworden einer wunderbaren Eigenart unseres Landes. Was wir im Titel scherzhaft als „das große Fressen“ bezeichnen, ist nicht anderes als burgenländische Gastfreundschaft. Es redet sich halt leichter bei einem guten Papperl oder einem Häferl Kaffee. Und dass man da nicht immer nein sagen kann, ist auch schon wieder so eine typisch burgenländische Eigenart. Drum: Mahlzeit!