Tag 18: Hangry im Seewinkel

24. Juli 2024

Anjas frischgrüne Sommertour, Tag 18

 

Schnürlgerade Straßen. Geschlossene Läden. Die Luft flirrt. Was klingt wie die Einstiegsszene für einen Western, ist Tag 18 der frischgrünen Sommertour. Zu allem Überfluss wird mir auch noch Praktikant Leon hangry im Seewinkel, denn auch der Spar ist auf Mittagspause und die Wirshäuser haben Ruhetag. Wurstsemmerl: Fehlanzeige! Bis nach Ungarn wird es uns heute verschlagen und sogar dort hat die örtliche Langosbude geschlossen. Ob Leon hier je wieder heil rauskommt? Aber seht selbst …

 

Station 1: Bio-Schafzucht Hautzinger (Tadten im Seewinkel)

Beim Hautzinger erfahren wir, dass es gerade schwierige Zeiten sind für Landwirte in Österreich. So ein Hof ist eben sehr arbeitsintensiv, das Ehepaar ist rund um die Uhr beschäftigt. Auch die niedrigen Getreidepreise stellen für viele Landwirte eine Herausforderung dar. Da ist es von Vorteil, dass die Hautzingers zu 95% ihr eigenes Futter herstellen, sonst würde es schwierig werden mit der Fütterung.

Der Stall ist in mehrere Sektionen unterteilt, eine für die Lämmer, eine für die Milchschafe, eine für die Böcke. Der sogenannte Außenklimastall ist nach Süden hin offen, was für gute Luftzirkulation sorgt. Die Schafe fühlen sich wohl und sind gefeit vor kaltem Wind und möglichen Erkältungen.

„Meine Damen sind sehr sensibel, wenn man sie gut behandelt, kommt auch viel zurück.“ Mit den Damen sind natürlich Hautzingers Schafe gemeint, er pflegt einen sehr liebevollen und respektvollen Umgang mit den Tieren. Die Damen seien jedenfalls sehr wählerisch und gescheit. Das beste Futter suchen sie immer zuerst heraus. Was weniger mundet, wird einfach fallen gelassen. Deshalb aber gleich von Urassen zu sprechen, wäre übereilt. Das verschmähte Futter dient schließlich als Streu. Auch beim Hautzinger hat die Kreislaufwirtschaft längst Einzug gehalten und die Felder werden mit Schafsmist – pardon: Damenmist – gedüngt.

Beim Bio war der Hautzinger einer der ersten und erachtet sich selbst als Pionier auf diesem Gebiet. Auch beim Montieren der PV-Anlage bereits 2014 sei er belächelt worden, aber im Endeffekt habe es sich bezahlt gemacht.

 

Station 2: Garten von Thomas Amersberger

Im Garten von Thomas Amersberger werden wir mit Kaffee und Kuchen empfangen. Eine Wohltat, die Leon vermutlich das Leben rettet. Thomas erzählt uns seine Geschichte, wie er von Oberösterreich nach London gekommen ist, und von London nach Wien. Das war in den 80ern und damals hat er sich gedacht, Wien sei ein besseres Altersheim.

Wir bekommen eine Führung durch Thomas’ trockenresistenten Garten, der mehrere Bereiche umfasst. Nur ein Teil – für Versuchspflanzen – ist bewässert. Alle anderen Pflanzen sind nach mehrjähriger Bewässerung, die es fürs Einwurzeln braucht, auf sich allein gestellt. Alles hier ist auf mediterranes Klima ausgerichtet, den Garten soll es schließlich auch noch in einigen Jahrzehnten geben. Der Klimawandel ist auch hier Thema.

Es erwartet mich noch ein besonderes Geschmackserlebnis: Ich koste Szechuanpfeffer direkt vom Strauch, der mit seinen Zitrusnoten ganz wunderbar schmeckt, aber auch sehr scharf ist und ein bamstiges Gefühl auf der Zunge und ein Kribbeln auf den Lippen hinterläßt. Hätte ich mir auch nicht gedacht, dass der bei uns hier wächst.

Thomas erzählt noch von Fakenews in der Gartenfachliteratur. Viele Pflanzen, die in einem norddeutschen oder englischen Garten nicht überleben könnten und deshalb lange Zeit als nicht geeignet fürs pannonische Klima erachtet wurden, können hier sehr wohl gedeihen, die Pistazie zum Beispiel.

 

Verlautbarung im Abspann:
Bei den Dreharbeiten zu Tag 18 sind keine Praktikanten zu Schaden gekommen!