Tag 13: Die traurige Rosalia

18. Juli 2024

Anjas frischgrüne Sommertour, Tag 13

 

Tag 13 meiner frischgrünen Sommertour führt mich heute nach Marz und nach Forchtenstein, was im Burgenland bedeutet, dass es ins Gebirge geht. Obwohl ich beim Namen Rosalia nicht unbedingt an Fels und Gestein denke, doch dazu später mehr!

 

Station 1: Imker Walter Braunrath (Marz)

In Imker-Vollpanier ist der Walter Braunrath nie. Er hat friedliche Völker, was an seiner Zuchtarbeit liegt. Die Königinnen führt er zur Begattung anderswo hin, damit es zu keiner Inzucht kommt, das würde die Bienen aggressiv machen. Die Königin wird zu Beginn ihres Lebens begattet, ab dann legt sie Eier und baut ihr Volk auf.
Erst am Sonntag ist der Walter das letzte Mal gestochen worden, in den Daumen, das tut ein bisserl weh, meint er, aber anschwillen tut Gott sei Dank nichts mehr bei ihm, der Körper hat sich längst dran gewöhnt.

Wir erfahren, dass ein Randvolk (also ein Volk in einem Stock am Rand) aggressiver ist als ein Volk in der Mitte, darum zeigt uns der Walter einen mittleren Stock (70.000 Bienen pro Stock in der Hochsaison). Seine Bienen beruhigt er mit einem in Nelken getränkten Tuch, der Duft mache sie freundlich. Dem Bienenvolk gefährlich werden könne hingegen die Varroa-Milbe. Bei ersten Anzeichen wird mit Ameisensäure bekämpft, das tue den Bienen nichts.

Beim Bundesheer ist der Herr Braunrath gleich zu Beginn neben einem Haberer aus Kärnten gesessen, der die gleiche Sozialversicherungsnummer auf seinen Zettel geschrieben hat wie er, worauf der Herr Braunrath gemeint hat „O’schreim brauchst ned vo mir, heast!“ Aber wie sich herausgestellt hat, waren die Nummern tatsächlich gleich. Und weil auch die Ehefrauen am selben Tag Geburtstag hatten, waren die zwei gleich die besten Haberer. Der Haberer aus Kärnten hat dann die Braunraths zu sich eingeladen und ihnen seine Bienenstöcke gezeigt. Und wie der Walter Braunrath dann neben den Bienenstöcken mit der Sense Gras gemäht hat und die Bienen freundlich zu ihm waren, hat er eine Entscheidung gefällt: Er will selber imkern. Ein Foto vom jungen Walter beim Sensenmähen neben den Bienenstöcken vom Kärntner Haberer hängt bis heute in der Imkerhütte in Marz. Der Kärntner Haberer ist leider schon verstorben, aber sein Andenken steckt in jedem Glas Braunrath-Honig, übrigens ein zertifizierter Naturpark-Rosalia-Koglberg-Honig.

 

Station 2: Palffy Bistro (Mattersburg)

Zum Mittagessen geht’s wieder nach Mattersburg, diesmal ins zentral gelegene Palffy Bistro. Ich mach es kurz: Dort gibt es das beste Panierte überhaupt!

 

Station 3: Lehrforst der Universität für Bodenkultur (Rosalia)

Wenn meine Oma früher von „der Rosalia“ erzählt hat, habe ich mir dieses Gebirge immer als eine fühlende und denkende Person vorgestellt und weniger als eine geologische Verwerfung. Ich mag diesen Namen, er ist sanft und lieblich, wie unser Gebirge auch. Bei der Fahrt an der Burg Forchtenstein vorbei Richtung Forstweg werde ich fast ein bisserl sentimental.

Dort, eigentlich schon auf der niederösterreichischen Seite, befindet sich der Lehrforst der Wiener BOKU (Universität für Bodenkultur). Mit Blick auf Schneeberg und Hohe Wand spazieren wir über die Forststraße, während Priv.-Doz. Dr. Eugenio Diaz-Pines mit sympathischem Akzent von den Forschungsarbeiten erzählt. Dürre und Starkregenereignisse werden hier abwechselnd simuliert und es wird erforscht, wie sie sich auf die Bodenbiologie und die Bäume im Kontext des Klimawandels auswirken. Dazu gibt es eine großflächige Dürre- und Starkregenereignissimulationsvorrichtung (was für ein Wort!) etwa einen Meter über dem Waldboden.

Es gibt aber auch andere wichtige Forschungsinstrumente, zum Beispiel ein Baumumfangschrumpfmessgerät, einen Wurzel-Stamm-Wasserströmungssensor, eine Stammwasserableitungsschlauchleitung, einen Kronenregendurchflussauffangbehälter, einen Windturbulenzenmesser und ein CO2-Wasser-Austauschmessgerät.

Die Ergebnisse sind bedrückend: Obwohl der Durchschnittsniederschlag gleich bleibt, verteilen sich Trockenheit und Regen bei fortschreitender Klimakrise anders. Die Bodenfeuchtigkeit und damit auch die Bodenbiologie nehmen ab, die Bäume wachsen weniger, reduzieren ihre Aktivität und betreiben weniger Photosynthese. Ein Teufelskreis.

Hautnah erleben wir an diesem Tag die Auswirkungen der Trockenheit. Auf rund 2 Hektar des Lehrforstgebiets hat es gestern gebrannt, die Freiwillige Feuerwehr war stundenlang im Einsatz.

 

Ich betrachte die verkohlte Erde und die schwarzen blattlosen Bäume. Was würde unsere Rosalia wohl dazu sagen, wenn sie sprechen könnte?