10. Juli 2024
Anjas frischgrüne Sommertour, Tag 7
Wer mich kennt, weiß: Ich brauche immer was im Bauch, sonst werde ich unleidig. Auch Praktikant Leon weiß das. Er bringt mir sicherheitshalber ein Briochekipferl mit, es geht früh los heute und da bleibt keine Zeit für Frühstück. Was würde ich nur ohne den Leon machen, seufze ich briochekipferl-seelig, während ich ihm den Beifahrersitz vollbrösle.
Station 1: Beim Bürgermeister von Neutal
Im Neutaler Gemeindeamt empfängt uns Bürgermeister Erich Trummer, den seine Freunde Jimmi nennen. Nach dem Wimpassinger Kanuten „Bisam-Jimm“ schon der zweite Jimmi auf meiner noch jungen Sommertour, wie viele da wohl noch dazukommen? Wir unterhalten uns über das örtliche Nahversorgungszentrum. Der Nah&Frisch Markt gleich neben dem Gemeindeamt ist ein sogenannter Hybridmarkt, nachmittags und an Sonntagen kommt man mit nur mit Karte rein, Personal gibt’s immer vormittags, was tadellos funktioniert. Der Bürgermeister erzählt, dass er die Kommunalpolitik sehr schätze. Es sei zwar viel Aufwand damit verbunden, dafür ließe sich auch einiges bewegen. Die Betriebsansiedlung sei ihm immer schon ein wichtiges Anliegen gewesen, das sich jetzt rentiere. Im Laufe der Jahre habe sich Neutal von einer Auspendlergemeinde zu einer Einpendlergemeinde entwickelt, worauf der Herr Bürgermeister zurecht ein bisschen stolz ist.
Die Gemeinde achtet auf eine geringe Bodenversiegelung und bei den Materialien, die bei Gemeindeprojekten genutzt werden, handelt es sich sehr oft um Holz. Bei der Bepflanzung versucht man möglichst ohne Bewässerung auszukommen und großen Wert legt man auf erneuerbare Energie.
In Neutal bleibt keine Zeit fürs Zurücklehnen. Alle haben viel zu tun. Hier gibt es angeblich so viele Jobs wie Einwohner. Obwohl man die Infrastruktur und die Betriebsansiedlung gut hingekriegt habe, meint der Bürgermeister, sei die Liquidität eine Herausforderung, weil natürlich alles mit hohen Investitionen verbunden sei.
Dann erzählt der Bürgermeister noch von einem schönen Projekt, dem Antiteuerungseigentümerbonus, für alle mit Hauptwohnsitz Neutal: ein 5 x 10 Euro Gutschein für den örtlichen Nah&Frisch Markt. Außerdem outet er sich als Fan des Gemeinde-Entlastungspakets. Er erzählt von geplanten Projekten wie dem Bio- und Krautgarten, im Zuge dessen bereits über 3.000 Bäume und Sträucher gepflanzt worden seien. Und auch die Volksschule in Neutal sei eine Öko-Volksschule. Positiv bemerke ich, dass bei den Bauprojekten der Gemeinde oft schon auf den ersten Blick sehr viel Holz und Blühpflanzen erkennbar sind.
Station 2: Burgenländisches Schulungszentrum
Das BUZ gibt’s schon seit 1975. Hinter der Abkürzung verbirgt sich das Burgenländische Umschulungszentrum, das vor zwanzig Jahren in Burgenländisches Schulungszentrum umbenannt wurde. Das BUZ ist langjähriger Kooperationspartner beim ROBERTA-Cup, bei dem Mädchen für technische Berufe begeistert werden sollen. Am BUZ lassen sich mittlerweile 17 Berufe erlernen. Am Beginn steht eine achtwöchige Orientierungsphase, gefolgt von einer 50-55 wöchigen Ausbildung. Nach dem Ausstieg vom BUZ gibt’s eine Vermittlungsrate von 40-50%, bei Jugendlichen bis zu 80%. Wichtig: eine gewisse Mobilitätsbereitschaft, an 3-4 Tagen herrscht Präsenzunterricht. Momentan befindet sich das BUZ in einer Sanierungsphase, es werden zusätzliche Schulungsräume benötigt und der Gastronomiebereich entspricht nicht mehr den aktuellen Standards. Im Rahmen der Sanierung ist auch eine Digitalisierungsoffensive geplant, möglichst viele Lernmaterialien sollen in in eine Lern-App integriert und der Unterricht insgesamt digitaler gestaltet werden. Klient:innen können so ihr eigenes Lern-Tempo wählen. Erfolgsstorys gibt es bereits: Erst kürzlich hat ein Teilnehmer in einer verlängerten überbetrieblichen Lehre seinen Elektrotechnikabschluss am BUZ gemacht, über die Lernapp hat er sich sehr viel selbst einteilen können, was zu dem schönen Erfolg beigetragen hat.
Ich hab mir dann gedacht, wo ich schon einmal da bin, nötige ich doch glatt die jungen Leute zu einer Vorstellrunde, was ihnen relativ unangenehm war. Aber ich muss schon sagen: die Dinge, die sie herstellen – ollahaund! Vom Vogelhaus bis zum Hühnerstall, alles kann man sich von kompetenter Hand fertigen lassen.
Station 3: Hansi-Führung im Museum für Baukultur
Im Museum für Baukultur (MUBA) in Neutal wartet schon der Hansi auf uns. Ein Mensch, der voller Begeisterung steckt und mich an meinen Opa erinnert, der wie der Hansi selbst Maurer und Polier war und nach dem Bombenhagel geholfen hat, Wr. Neustadt wieder aufzubauen. Der Hansi erzählt, dass es früher in jedem Haus 1-2 Bauarbeiter gegeben habe und Neutal eine Maurergemeinde gewesen sei, weshalb man auch das Museum gegründet habe. Er selbst, ein 43er Jahrgang, sei von Anfang an mit dabei gewesen. Besonders stolz ist man in Neutal auf den Kamin vor dem Haupteingang, fast jeder Ziegel ist ein Unikat, da sich der Kamin nach oben hin verjüngt und sich von daher auch die Ziegel verkleinern müssen. Die Kaminmaurer sind oft aus einer Familie gekommen oder jedenfalls aus demselben Dorf, man hat sich müssen aufeinander verlassen können.
Förderungen gibt’s von der EU und ein bisschen was vom Land und von der Regionalentwicklungsförderung. Besonders verdient gemacht hat sich die Frau Dr. Steiger-Moser aus Pöttsching, die ehrenamtlich sehr viel kuratiert und Schauobjekte organisiert hat. Um die regionale Präsenz des MUBA zu stärken, werden immer wieder Veranstaltungen ausgerichtet, Frühschoppen z. B. und Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Zum Abschluss dürfen wir noch Lehmziegel formen und diese auch behalten. Die Plaudertasche hat heute jedenfalls schwer zu tragen.
Heut hat’s aber auch eine Hitz‘! Eigentlich wollten wir ja ins Neutaler Schwimmbad hüpfen, inkl. Pommes-Verkostung in der Bad-Kantine. Aber leider, dafür bleibt keine Zeit. Wir sind nämlich schon am Weg zur nächsten Station. Ich checke mir aber gach noch ein Wurstsemmerl vom hiesigen Fleischhauer, mit allem drum und dran, weil … eh schon wissen, leerer Bauch und so.
Station 4: Beim Bürgermeister von Oberpullendorf
Bürgermeister Johann Heisz ist der erste ÖVP-Bürgermeister, den ich auf meiner Sommertour besuche. Der gelernte Fleischhauermeister hat 35 Jahre bei der Rewe gearbeitet und ist nebenbei Landwirt. Als solcher ist er der Meinung, Bio solle nicht vorgeschrieben werden, sondern eine freiwillige Entscheidung bleiben. Beim Renaturierungsgesetzt ortet er Komplikationen in der unmittelbaren Zukunft. Die Bodenversiegelung sei tatsächlich ein Problem. Anders als die Kinderbetreuung, wo es sehr viele Bewerbungen gebe bei freien Stellen. Dem Bürgermeister sind die Finanzen wichtig, er möchte den Lebensstandard in der Gemeinde halten und wenn möglich verbessern.
Station 5: Töpfermuseum Stoob
Den Abschluss des heutigen Tages bildet das Stober Keramikmuseum. Ich erfahre einiges über den Stoober Plutzer. Das Gefäß war ideal für den Transport von Wasser geeignet, z. B. für die Arbeit am Feld an heißen Sommertagen, weil über die unglasierte Oberfläche immer ein wenig Wasser verdunstete und die restliche Flüssigkeit ihre niedrige Temperatur bewahren konnte.
Ich wünsche mir, in einem überdimensionalen Stoober Plutzer sitzen zu können, dann hätte ich es heute nämlich auch schön kühl …